Wald in Gefahr

Wald in Gefahr

Die Wälder des Baltikums sind von unschätzbarem Wert für den Natur- und Klimaschutz. Doch wirtschaftliche Interessen gefährden den Erhalt. Vor allem Estland, einer der größten Pellet-Lieferanten Europas, holzt in hohem Tempo ab.

Wer mit dem Auto durch Estland fährt, kann die Kahlschlagflächen nicht übersehen: Riesige Harvester-Maschinen fressen sich durch die Wälder, zurück bleiben riesige gerodete Flächen, auf denen nur noch vereinzelt Birken und Kiefern in den Himmel ragen. Schuld sind massive wirtschaftliche Interessen, vor allem die Holzpellet-Industrie verlangt nach immer mehr Nachschub – und Estland gehört inzwischen zu Europas größten Pellet-Exporteuren.

Ein Großteil der Pellets wird in Kohlekraftwerken verfeuert, die auf die kleinen stäbchenförmigen Holzstücke umstellen, die die Kohle ersetzen sollen. Denn die Europäische Union fördert und subventioniert die Holzverbrennung, um so angeblich dem Klimawandel zu begegnen. Schließlich gilt Holz als erneuerbare Energie und damit als CO2-neutral.

Foto: Mrdidg, Pixabay

Fachleute halten dies für einen Irrweg und warnen davor, die europäischen Wälder – nicht nur im Baltikum – wegen des Hungers nach Pellets weiter abzuholzen. Anders als bei der Kohleverbrennung müssen für das Verbrennen von Holz keine CO2-Zertifikate gekauft werden, obwohl wissenschaftliche Studien nachweisen, dass Holzverbrennung im Verhältnis zur erzeugten Energiemenge sogar mehr COfreisetzt als Kohleverbrennung. Und in der EU wird inzwischen insgesamt mehr abgeholzt als nachwachsen kann.

Noch sind rund 50 % Prozent der baltischen Länder von Wäldern bedeckt. Sie bieten Lebensraum für Pflanzen und Tiere, darunter seltene Arten wie der Europäische Braunbär und der Europäische Luchs. Die Wälder fungieren aber auch als Wasser- und CO2-Speicher und sind – ebenso wie die Moore des Baltikums – enorm wichtig im Kampf gegen den Klimawandel.

Luchs, Foto: Zdenek Machacek, Unsplash

Seit jeher ist Holz der bedeutendste Rohstoff für die Menschen in Estland, Lettland und Litauen und ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor. Allein in Estland sind heute 30.000 Arbeitsplätze direkt mit der Holzindustrie verbunden. Der zunehmende Fokus auf die Produktion von Holzpellets hat die traditionellen Nutzungsformen der Wälder, wie die nachhaltige Forstwirtschaft und den naturnahen Tourismus, allerdings in den Hintergrund gedrängt.

Schon immer war der Ausgleich zwischen wirtschaftlichen Interessen und dem notwendigen Erhalt der Wälder ein Balanceakt. Nun sind die Wälder des Baltikums in akuter Gefahr. Es bedarf strengerer Schutzmaßnahmen, klarer Forstmanagementpläne und einer Förderung alternativer Energiequellen, die weniger auf die Nutzung von Holz angewiesen sind. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Wälder des Baltikums auch in Zukunft ihre wertvollen Funktionen für Natur- und Klimaschutz erfüllen können.

Foto: Annie Spratt, Unsplash
Zurück zum Blog

Gern kannst du den Beitrag kommentieren!

Bitte beachte, dass Kommentare vor der Veröffentlichung freigegeben werden müssen.